Breitensport Berichte

Rudergenuss auf Bodensee und Hochrhein

von Ilse Wagner

Gemeinschaftsfahrt des Breisacher Rudervereins und Überlinger Ruderclubs sowie Gästen aus Mannheim und Germersheim vom 8.-10. Juli 2011

Auslöser für diese Tour war das Seminar des Landesruderverbands Baden-Württemberg für Wanderruderer, Fahrtleiter und Wanderruderwarte Ende März in Breisach. Am Ende der 2-tägigen Lehrveranstaltung von Werner Rudolph stand die Frage im Raum, die Theorie in die Praxis umzusetzen, nämlich eine Wanderfahrt zu organisieren und durchzuführen. Es sollte eine Hochrheintour werden. Letztlich engagierte sich Richard Burgdorf vom Breisacher-RV und brachte eine Dreitagesfahrt ins Rollen. Die Überlinger Teilnehmer sagten dabei ihre Unterstützung zu. Der Termin war in Abstimmung mit Werner Rudolph, auf dessen Know-how wir nicht verzichten wollten, binnen kurzem klar. Boote und Hänger brachte Werner vom Landesruderverband mit. Wie kompliziert die Logistik sein würde, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand, sonst hätte Richard vielleicht das 'Steuer' weggelegt. Aber er hat alle Hindernisse mit Bravour umschifft und sogar den Wettergott beschwichtigt.

Überlingen – Radolfzell, 38 km
Am frühen Freitagmorgen schüttete es, und kaum jemand glaubte, dass es möglich sein würde nach Radolfzell zu rudern. Als die beiden gesteuerten Vierer um 9:30 Uhr parat standen, war der See zwar noch nicht glatt, aber die Regenwolken hatten sich verzogen und die Stimmung auf dem See war besonders schön.
Vom Überlinger Ruderclub aus ging es zum Kloster Birnau, unserem Barockjuwel, das in Rebhänge eingebettet thront und von weitem sichtbar ist. In Ufernähe zogen wir an der der rekonstruierten steinzeitlichen Pfahlbausiedlung Unteruhldingen vorbei. Danach wechselten wir die Seeseite zur Blumeninsel Mainau mit ihrem prachtvollen Schloss. Als wir nach dem Fährhafen Konstanz-Meersburg das Hörnle erreichten, wurde es zusehends sonniger, und der Superblick auf Meersburg sowie das Konstanzer Münster beeindruckte die Teilnehmer. Im Konstanzer Trichter und unter der der Rheinbrücke empfingen uns 'Dauerwellen'. Für die Mittagsrast legten wir kurz vor Gottlieben auf der Schweizer Seite an.

Das letzte Drittel des Wegs führte uns am Wollmatinger Ried entlang durch den Bruckgraben am Damm, der die Insel Reichenau mit dem Festland verbindet. Im Gnadensee angekommen schien die Sonne auf die berühmten romanischen Kirchen, und die Boote spiegelten sich im Wasser. Am Ende der Insel kreuzten wir diesen kleinen Seeteil und legten am Ruderclub Undine auf der Halbinsel Mettnau an.

Zum Abschluss der ersten Etappe gönnten sich zumindest die Frauen ein Bad im warmen See, die meisten Männer zunächst ein kühles Bier. Leider stand der Hänger noch in Überlingen. Ein Fahrzeug wurde bereits nach Radolfzell gebracht, das mit den Überlingern und einem Teil der Breisacher Mannschaft zurück nach Überlingen fuhr, um das Gespann mit einem weiteren Boot nach Schaffhausen vorauszufahren.


Radolfzell – Schaffhausen, 35 km
Mit den beiden Vierern und einem weiteren Dreier ging es mit wechselnden Mannschaften weiter. Nach einem nächtlichen Schauer war der Zeller See am Morgen unheimlich still, und als wir in den Seerhein einbogen, lugte die Sonne zwischen den Wolken hervor. Berühmte Leute lebten und wirkten einst in dieser Region: Hermann Hesse in Gaienhofen und der Maler Otto Dix in Hemmenhofen. Der Blick vom Wasser auf die deutsche Seite mit den sonnenverwöhnten Rebhängen und auf der Schweizer Seite mit den Landschlössern wie Arenenberg, ist ein Augenschmaus. Zum Glück waren noch kaum Wasserfahrzeuge unterwegs. Nach weiteren Ortschaften kam Burg Klingenstein und Stein am Rhein in Sicht. Bekannt ist die Stadt wegen ihrer bemalten Fassaden. Ein kurzer Bummel durch Stein musste einfach sein.

Die Strecke von Stein am Rhein nach Schaffhausen zählt zu den schönsten Flusslandschaften Europas. Bis Stein ist es der Seerhein, danach beginnt der Hochrhein, und die Strömung wird zunehmend spürbar. Von Stein nach Schaffhausen war für die Steuerleute auf der zickzackartig verlaufenden Schifffahrtslinie Vorsicht geboten! Ab jetzt war alles unterwegs, was schwimmt: Ausflugsschiffe, Kanuverbände, Schwimmer, die sich treiben ließen, und Motorbootraser, von denen uns einer um ein Haar rammte. Ein Highlight auf der Strecke ist die überdachte Holzbrücke, die den badischen Weinort Gailingen mit Diessenhofen in der Schweiz verbindet.


Nach der deutschen Exklave Büsingen war bereits die Burg Munot zu sehen, und wir näherten uns Schaffhausen. Am dortigen Kanuclub legten wir an, nahmen die Boote raus und riggerten ab, bis der Landdienst den Hänger brachte. Da öffnete der Himmel verfrüht seine Schleusen und binnen Sekunden waren wir triefnass. Egal, eine warme Dusche, trockene Kleidung und ein leckeres Abendessen erwartete uns.

Schaffhausen – Eglisau, 31 km
Frühmorgens setzten wir unterhalb des Rheinfalls bei Neuhausen ein und wagten es, dem 23 m hohen und 150 m breiten Wasserfall etwas näher zu kommen.
Auf der Weiterfahrt zur Rheinschlaufe bei Rheinau bestaunten wir die urwaldgleichen, dicht bewaldeten Hänge, die bis ans Wasser reichen. Die Staustufen Rheinau 1 bis 3 stellten eine Herausforderung für unsere Ruderkameraden dar, die brusthoch im Rhein standen, die Boote auf einen fernbedienten Gleiswagen schoben und begleiteten, während sie über die Staustufe hinweg gezogen und auf der anderen Seite wieder zu Wasser gelassen wurden, um danach noch zur Einsatzstelle getreidelt zu werden.

Inmitten der Rheinschlaufe liegt geschützt die Klosterinsel Rheinau, ein ehemaliges Benediktinerkloster, umspült vom Rhein und umrahmt von Bäumen. Schade, dass wir dort nicht anlanden konnten!
Nach der dritten Staustufe ging es genauso idyllisch weiter. Vorbei am historischen Städtchen Eglisau waren es nur wenige Kilometer bis zum Kraftwerk Eglisau-Glattfelden, unserem nächsten Rastplatz.

 

 

Leider werden derzeit keine Sportboote geschleust. Da blieb uns nichts anderes übrig als die Boote rauszunehmen und umzutragen. Allerdings waren die Einsatzstellen unterhalb der Staustufe beim derzeitigen noch niedrigen Wasserstand für Ruderboote nicht günstig, sodass wir nach einigem Überlegen auf die kurze Weiterfahrt nach Rekingen verzichteten, weil sich ohnehin ein Gewitter über uns zusammenbraute. Abriggern, Boote putzen, die Fahrzeuge holen, alles geschah Hand in Hand im plötzlich einsetzenden Regen.

 

 

Eine gelungene Wanderfahrt mit wechselnder Besatzung ging hier zu Ende. Das Miteinander war angenehm und unkompliziert. Alle waren begeistert von der Vielfalt der Kulturlandschaft zwischen Bodensee und Rhein.

Logistisch war diese Tour eine Meisterleistung von Richard Burgdorf, der mit Ruhe und Gelassenheit – und vor allem mit akribischer Vorarbeit – die Prüfung als Fahrtleiter unter den erfahrenen Augen von Werner Rudolph bestanden hat.